KunstRaumBlog

20. September 21,

Blog des KunstRaums Weißenohe.

Super Helden. Eine Metapher als Leitthema einer Ausstellung, inspiriert durch die Jubel-Kritik der Zweitausender-Jahre. Gemeint ist das Gehabe der politischen Verführer, die Auswirkung von Desinformationskampagnen, die spürbare Unsicherheit in der Gesellschaft und Zeichen des gesellschaftlichen Wandels.

Die Ausstellung erlebt nun ihr zweites Wochenende und immer noch ist das Interesse groß. Der Kulturhunger griff während der Pandemie besonders in der Provinz um sich und die Veranstaltung wird vielleicht auch deshalb so gerne vom Publikum angenommen. Einige Kommentare sind mir im Ohr, die mir signalisieren, dass auch dieses Projekt von den Besuchern ein sich-Einlassen verlangt, und jedes Kunstwerk auch immer wieder unterschiedlich beurteilt und gedeutet werden kann. Das Gleiche trifft natürlich auf die Intention der Ausstellung selbst zu.

Einige Arbeiten hatten eine besondere Wirkung auf mich:

Man könnte sagen, die Zukunft der Vergangenheit und die Vergangenheit der Zukunft treffen in den Zeichnungen von Mona Burger aufeinander. Die Helden der ersten Raumschiff Enterprise Auflage mischen sich auf eigenartige Weise in aktuelle, maßgebliche Ereignisse der Weltpolitik und Spiderman trifft auf Papst Franziskus. Diese Szenen sind akribisch gezeichnet und ausgearbeitet, sie bleiben glücklicherweise im Narrativen skizzenhaft und überlassen es den galloppierenden Assoziationen, die Geschichten beliebig zusammenzufügen, zu kombinieren und weiter zu spinnen.

Adam Cmiel, ein junger Maler widmet sich dem Phänomen der Überhöhung. Was, wenn ich den Pinsel gegen eine Kunstzeitung tausche? Wird meine Kunst dadurch nicht noch mehr Kunst? Und wenn ich dann noch Superhelden-Charakteristika damit abbilde, die Reste einer zerstörten Form als Malgrund einsetze und als Bauschutt-Fragmente präsentiere? Werde ich so zum Superkünstler? Natürlich überlässt er diese Fragen dem Betrachter – vielleicht fällt ja auch jedem etwas anderes dazu ein – aber solche Gedankenspiele machen einfach Spaß, stellen das Aufblasen und Aufwerten bestimmter Gegenstände und Personen des Kulturbereichs infrage, verweisen auf den notwendigen Ikonoklasmus der Kunst der nächsten Generation und die damit einhergehende Befreiung von einigem Ballast. So viel Selbstironie – auch in Verbindung mit der präsentierten Geschichte vom Superstudenten – tut einfach nur gut.

Im Eingangsbereich hängen ein paar Portraits von Herrschertypen: Gaddafi, Kim Yong Un, al-Aziz, Bolsonaro, Putin und Berlusconi. Zwei Frauen um die sechzig standen davor und konstatieren: „Nicht sehr gekonnt“. Ja, die Bilder von Laurentiu Feller sind in bester Manier laienhaft gemalt. So wie ein Mann oder eine Frau „aus dem Volk“ diese Autokraten vielleicht gemalt hätte. Und einfach nur so wollten wir diese Arbeiten akzeptieren. Im Bewusstsein, dass hier die glorifizierenden Attribute nicht mehr funktionieren und die Durchschnittlichkeit der Protagonisten zum Vorschein kommt.

Ein Mietshaus aus Nürnberg fand als Modell den Weg in die Ausstellung, jede Etage von einem speziellen Charakter bewohnt und als Bühne des Lebens spezialeingerichtet von Anton Hantschel. Die Etagenfenster gewähren Einblicke vom Laden im Erdgeschoss bis in die Dachkammer. Verspielte Smartphone-Besitzer freuen sich über den Zugang zu kleinen Animationen und Soundtracks für die einzelnen Stockwerke und den dargestellten Super-Szenarien und ich erfreue mich an den kleinen Bewohnern, die mir schon allein durch ihre irrwitzige Gestaltung Geschichten erzählen.

In einem schwarzen, hautengen Kostüm präsentiert sich Luca-Maria Hiehn in einer Video-Performance im Gebäude des Nürnberger Hauptbahnhofs, wo er auf fahrenden Rolltreppen gymnastische Übungen vollzieht, im Gleistunnel zwischen hin und her eilenden Reisenden sitzt und sich dabei Toilettenpapier in die Nase stopft oder andere nicht nachvollziehbare Handlungen ausführt. In meiner ersten Reaktion auf dieses Video bemerkte ich meine Verwunderung und ein leichtes, inneres Stöhnen. Sie wirkten jedoch in mir, die Bilder von der schwarzen Figur und ihrer unbeirrbaren Entschlossenheit im Handeln, und sie wirken sicher auch auf andere. Die Botschaft ist wirr, die Handlung beliebig, aber das zur Schau getragene Selbstbewusstsein und die ständige Wiederholung entwickeln eine Strahlkraft auf mich. Ich fühle mich nun genötigt, ebenfalls Liegestützen auf Rolltreppen zu probieren.

Mit Pappkameraden hat Eva Mandok ihre aktuelle Arbeit betitelt. Beflissene Herren mit Mantel und Aktentasche stehen brav in einer Reihe, dem König der Pappkameraden zugewandt, um graubeige und unauffällig ihre Anweisungen entgegenzunehmen. Der Superiore unterscheidet sich in Nichts von seinen Untertanen, bis auf eine kleine Krone, die scheinbar durch bloßen Zufall auf seinem Kopf gelandet ist.

Mit dem Basstscho Man hat Harri Schemm der nervtötenden Gutgelauntheit mancher „Bescheid wissenden“ Zeitgenossen den treffenden Ausdruck verliehen. Jedes Fettnäpfchen ist hier eine Einladung, um darin zu baden und um den Super-Fauxpas auf den Punkt zu kultivieren. Immer wieder klingt von Ausstellungsbesuchern ein Glucksen herüber, ein Kommentar oder ein Lachen. Danke Harri!

In der Ausstellung warten noch etwa 30 andere Geshichten …

Lutz

Anton Hantschel, My Big Change 2021
Harri Schemm, Basstscho Man ...
Laurentiu Feller, Heroes I-VI 2020/21
Eva Mandok, Pappkameraden

30. August 21, erster Eintrag in den Blog des KunstRaum Weißenohe.

 

Heute kamen Otto Beer, Ludwig Hanisch, Joe Raimond und Josef Hirthammer vorbei und brachten Ihre Arbeiten in die Ausstellung, die sich langsam füllt. Rough ist es diesmal an vielen Stellen und die Dringlichkeit der Arbeiten ist eher spürbar als sonst. Das Thema scheint viele unserer Mitwirkenden stark berührt zu haben und vielleicht waren wir mit den ausgestellten Werken noch nie so nah am persönlichen Erleben, an der Emotion, wie in diesem Jahr. Wenn es knirscht in der Gesellschaft und wenn dann noch Superhelden wirken, da fliegen dann doch wohl eher Späne! Eben frage ich Dani, an welchen Superheld sie sich zuerst erinnern kann. Micky Maus sagt sie. Die lasse ich aber nicht gelten. Dann fällt ihr Pipi Langstrumpf ein, die hatte immerhin Superkräfte!

Ob unsere Vernissage als öffentliches Kulturereignis nun am Samstag stattfinden kann, ist bis heute nicht geklärt, da uns noch keine Genehmigung vom Landratsamt in Forchheim vorliegt. Fünf Tage vor dem Ausstellungsbeginn ist es uns mit dieser Unsicherheit doch ganz schön unbehaglich. Wem könnte eine Ausstellung mit Zugang nur für „3-G-Besucher“, die noch dazu in den Ausstellungsräumen eine Maske tragen, denn schaden?

Wie auch immer, die Arbeiten werden sichtbar werden, so oder so. Wenigstens als Bilder auf dieser Website. Und nach dem Dauerregen ist fürs Wochenende Schönwetter prognostiziert. Hier gibt’s ja auch einen Biergarten!

Lutz